Im romantischen Schatzkästlein fündig geworden
Wetterauer Zeitung (rod) vom 27.02.2008
Bad Nauheim (rod). Franz Liszt bezeichnete Franz Schuberts frühromantische Lieder einmal als "Miniatur-Opern", weil sie lautmalerisch und programmatisch die Gefühle und dramatischen Ereignisse nachvollziehen, die die Verse von Heine, Müller, Eichendorff und anderen romantischen Dichtern erzählen. Schubert hatte einen Kreis von Anhängern um sich, die auch lange nach seinem frühen Tod weiter in seinem Sinne komponierten, heute aber teilweise völlig in Vergessenheit geraten sind. Ihnen und ihren "Miniatur-Opern" widmete die Bürgerstiftung "Ein Herz für Bad Nauheim" ein Benefizkonzert. Sie begab sich nicht nur auf die Spuren vergessener Komponisten, sondern auch auf die einer vergessenen Besetzung: Gesang, Klavier und Horn.
Gerade das Horn ist eines der beliebtesten Instrumente der Romantik, das mit seinem weichen Klang symbolisch oft für die Todessehnsucht, die die Romantiker unterschwellig bewegt, steht. Der Naturklang war aber auch charakteristisch in Jagd- und Naturbeschreibungen und gab den Sehnsüchten nach der Liebsten Ausdruck, alles typisch romantische Themen. Das wichtigste Begleitinstrument war jedoch das Klavier, das im 19. Jahrhundert in jedem bürgerlichen Salon stand, in dem musiziert wurde.
Die Verbindung dieser drei Klangfarben liegt also nahe, und tatsächlich ist das Repertoire wesentlich umfangreicher als bekannt. Hornist Ulrich Hübner sammelte über 100 Lieder, aus denen er und Tenor Markus Schäfer für das Konzert sozusagen im romantischen Schatzkästchen kramten und eine Auswahl trafen, die die verschiedenen Stimmungen spiegelte, die die Romantik ausmachen. Zusammen mit Markus Hadulla am Klavier und Mezzosopranistin Farida Schäfer-Subrata boten sie tönende Jagdlieder, eine heitere Frühlingswanderung, die dramatische Verführung des Goethe`schen Fischers und das sehnsuchtsvolle Klagen des einsamen Liebenden auf hoher See.
Fast immer hatten Horn und Klavier einen der Singstimme gleichberechtigten Part, sie waren der reinen Begleitung sowohl bei Schuberts als dann auch bei Robert Schumanns Zeitgenossen längst entwachsen. Besonders bildhaft war die Tonsprache bei Friedrich Kückens "Frühlingswanderschaft", auch Julias Beckers "Bächlein" perlte aus der Klaviertastatur dahin, und das traurige Lied des Gondoliere an seine ferne Geliebte manifestierte sich in den Echorufen des Horns, die sich mit dem Klagen des Sängers mischten.
Die Mischung aus trauriger Sehnsucht und glücklicher Stimmung war bei der Liedauswahl gut gelungen und passte auch hervorragend zu den Singstimmen: Schäfers Tenor, lyrisch hell und kraftvoll, konnte den "wandernden Waldhornisten" von Carl Gottlieb Reißiger ebenso freudig singen wie er dramatisch Goethes Fischer gab, der von der Meerjungfrau in die Tiefe gezogen wird. Seiner Frau, Farida Schäfer-Subrata, kam mit ihrem dramatischen Mezzosopran mit dem dunklen Timbre die tiefe bis mittlere Lage der meisten Lieder sehr entgegen. Besonders ausdrucksvoll und atmosphärisch war ihr beider Zwiegespräch im Duett "Schlummerlied" von Randhartinger. Als glänzende dritte Stimme gesellte sich der Hornist dazu, der mit hervorragender Abstimmung mit dem Pianisten die Klangfarbe bereicherte und in vielen Liedern mit oft schwierigen Solopartien glänzte.
Vielleicht das Schönste an dem ungewöhnlichen Gesamtklang war aber der historische Berdux-Flügel, der extra für das Konzert ausgewählt wurde. Auch wenn er einige Jahre jünger war als die meisten Komponisten, erwies er sich als echte Bereicherung der Musik. Das Instrument zeigte sich unter den sensiblen Händen von Markus Hadulla im wahrsten Sinne als "klangvoll" mit seiner warmen, teils silbrigen und obertonreichen Klangfarbe. Zu den ausführlichen Informationen im Programmheft kam die anschauliche Moderation von Markus Imbsweiler, der auf Besonderheiten zu den Komponisten und der musikalischen Umsetzung hinwies und dafür sorgte, dass die Zuhörer in den Stücken einiges entdecken konnten, was ihren Ohren sonst wohl verborgen geblieben wäre.
Als Zugabe gab es ein Duett des vielzitierten Franz Schubert, der bei diesem außergewöhnlichen Konzert in diesem Falle einmal "trotz" seiner Berühmtheit nicht fehlen durfte. So gab es im ebenso romantischen Rahmen des Spiegelsaals ein Konzert zu erleben, dessen Ambiente in das 19. Jahrhundert zurückversetzen konnte. Herzlicher, lang anhaltender Beifall folgte.