Die Bad Nauheimer schätzen ihre Schätze nicht

Nicht nur der Keltenfürst, auch der König des Rock 'n' Roll hat ein Museum in der Kurstadt verdient. Das jedenfalls war die Meinung der Diskussionsteilnehmer, die sich am Samstagnachmittag im Hotel Rosenau trafen, um über die Chancen für ein Elvis-Presley-Museum in der Wetterau zu sprechen. Zum Auftakt des Veranstaltungsprogramms der neu gegründeten Museums-AG der Bürgerstiftung »Ein Herz für Bad Nauheim« diskutierten Stadtmarketing-Chef Ulrich Schlichthaerle, Hoteldirektor Jürgen Axel und Klaus Ritt, Präsident des Elvis-Presley-Vereins Friedberg/Bad Nauheim (EPV), über die Perspektive eines solchen Unterfangens. Rosemarie Killius, Historikerin an der Goethe-Universität Frankfurt und selbst großer Elvis-Fan, unterstrich in ihrem Vortrag die positiven Auswirkungen, die in Presley-Museum für die Stadt haben könnte.

Dass der fast zweijährige Aufenthalt von Elvis in der Wetterau ein Standortfaktor für die Region sein kann, solle die Diskussionsrunde herausstellen, meinte Armin Häfner, Präsident der Bürgerstiftung, der die Veranstaltung moderierte. Gedanken über die Umsetzung und das Konzept für ein Elvis-Museum machte sich die Historikerin Killius, die schon beim European Elvis-Festi-val im August ihr Studienprojekt zum Zeitgeist der 50er Jahre vorgestellt hatte. Bad Nauheim solle seinen Status als »Elvis-Stadt« nutzen, um überregionalen Bekanntheitsgrad zu erlangen und so den Fremdenverkehr anzukurbeln. »Nach seinem Tod ist der King vom Mythos zum Markenartikel geworden«, so die Universitäts-Mitarbeiterin. Die Schaffung eines Elvis-Museums sei daher längst überfällig.
Doch nicht nur in eingefleischten Fans sieht Killius die Zielgruppe des Museums: Unter gesellschaftshistorischer Betrachtung habe der Aufenthalt Presleys in Deutschland ebenfalls für Aufsehen gesorgt. Elvis, der von 1958 bis 1960 seinen Militärdienst in den Friedberger Ray Barracks ableistete und in Bad Nauheim wohnte, habe ein neues Lebensgefühl - den »American way of life« - ins Land gebracht. Ein Elvis-Museum müsse daher auch den Zeitgeist und das Alltagsleben zu Zeiten der Ära Adenauer oder des so genannten Wirtschaftswunders vermitteln, so Killius weiter. Neben dem pädagogischen Ansatz solle das Konzept erlebnisorientiert sein. Zeitzeugen und Original-Exponate könnten die Geschichte erlebbar machen.

Was der Errichtung eines solchen Museums im Weg steht, ist auch eine Frage des Geldes. Eine durch Spenden und Sponsoren finanzierte Einrichtung könne sich im Prinzip selbst tragen, so die Meinung der Historikerin, die Beispiele von - durchaus erfolgreichen - Elvis-Museen in anderen Ländern nannte. Etwas bedeckter hielt sich EPV-Präsident Ritt, der »in den nächsten 15 Jahren« nicht mit dem Bau des Museums rechnet. »Die Bad Nauheimer schätzen ihre Schätze nicht«, meinte Ritt und bedauerte, dass das Phänomen Elvis kaum im Bewusstsein der Bevölkerung verankert sei. Im Gegensatz zu Themen wie Jugendstil, Rosen und Kur würde die Stadt das »Prädikat Elvis« nicht für ihre Zwecke nutzen. »Wir tun sehr viel für die Stadt ? zurück kommt gar nichts«, so Ritts Rüge an die Adresse der Kurstadt-Politiker.
Zum Elvis-Festival seien immerhin über 6000 Besucher in die Wetterau gekommen, meinten auch Schlichthaerle und Rosenau-Direktor Axel. Anfragen aus Australien oder den USA würden regelmäßig an sie gerichtet. Ins Träumen kommt der Tourismus-Chef, wenn er an das ungenutzte Potential denkt, das noch immer im Mythos Elvis Presley steckt:
»Bayreuth hat seinen Wagner, Salzburg hat Mozart, wieso sollte man nicht bei jedem Elvis-Song an Bad Nauheim denken?«
Wo der geeignete Ort für das Elvis- und Geschichtsmuseum ist, wussten die Diskussionsteilnehmer nicht zu sagen. Die Umgestaltung des Hotels Grunewald sei ein attraktiver Gedanke - aber leider nicht für den derzeitigen Besitzer, meinte Ritt pessimistisch. Auch der Capri-Club nahe der Ray Barracks komme in Frage, die Kontakte zur US-Army würden derzeit aber brachliegen.
Noch scheint es so, als ob sich die Bad Nauheimer und Friedberger nicht für ein Museum über den »King« erwärmen können: Lediglich eine Hand voll Zuhörer war am Samstag ins Hotel Rosenau gekommen. Dem EPV und der Bürgerstiftung steht wohl noch viel Überzeugungsarbeit bevor, damit der Geist von Elvis nicht gänzlich aus den Köpfen der Menschen verschwindet.
Bildunterschrift oben:
Rosemarie Killius
Bildunterschrift Mitte:
Ulrich Schlichthaerle
Bildunterschrift unten:
"Habt ein Herz für Elvis": Armin Häfner (rechts) und Klaus Ritt appellierten an die Bad Nauheimer Politiker.