Mozarts tiefsinnige Leichtigkeit


Bad Nauheim (gk). Der noble, lichtdurchflutete Spiegelsaal des Kurhauses war idealer Schauplatz für die Mozart-Matinee mit dem »Vox Humana«-Ensemble, zu der die Bürgerstiftung »Ein Herz für Bad Nauheim« geladen hatte. Der Erlös des mittlerweile dritten Benefizkonzerts kommt der Stiftung zugute. Stiftungspräsident Armin Häfner dankte in seiner Begrüßung den Sponsoren, die die Veranstaltung finanziell unterstützt haben. Das »Autohaus an den Salinen« lud zum Sekt- und Kaffee-Empfang ein. Das Hotel »Dolce« stellte den Spiegelsaal kostenlos zur Verfügung. Und die »Buchhandlung am Park« hatte den Kartenvorverkauf übernommen, so Häfner. Dann bat er das »Vox Humana«-Ensemble, das kürzlich in Altenstadt sein l5-jähriges Bestehen mit einem Galakonzert gefeiert hat, unter seiner langjährigen Prinzipalin Beate O. Doliwa auf die Bühne.

Mozart und kein Ende? Anfängliche Skepsis wurde jedoch schnell zerstreut. Die Koloratursopranistin Beate Doliwa mit ihrem Klavierpartner Gerhard Schaubach und der Rezitatorin Monica Keichel boten ein kurzweiliges Potpourri aus Wort und Musik. Köchelverzeichnis 1-3: Selten hört man die ersten Klavierkompositionen des fünfjährigen Mozart. Der kleine Wolfgang wurde für diese Erstlingswerke von seinem strengen Vater Leopold mit neuen Kompositions-
aufgaben »belohnt«. - Ein Jahr später wird das (Wunder-)Kind bereits von Maria Theresia und ihrer Tochter Marie-Antoinette empfangen. Er springt der Kaiserin beherzt auf den Schoß und bekundet seine Absicht, Marie-Antoinette zu heiraten. Auch später wird es Mozart oft am nötigen Respekt vor den hohen Herrschaften mangeln lassen.

Im Jahr 1768 entsteht das Singspiel »Bastien und Bastienne«, komponiert von einem Zwölfjährigen. Hieraus erklang die erste von insgesamt neun Arien und Liedern. Beate Doliwa überzeugte das Publikum mit ihrem wandlungsfähigen Sopran, der das spezifische Kolorit jedes Gesangsstücks sicher herausarbeitete. Joseph Haydn gestand nach dem Anhören von »Bastien und Bastienne« neidlos die Überlegenheit Mozarts ein. Monica Keichel unternahm es in gewohnter Routine, das Ausnahmetalent anhand ausgewählter Briefstellen zu vergegenwärtigen. Albern-ausgelassene Briefe ans »Bäsle« Aloysia Weber stehen neben nachdenklich-ernsten wie dem zum 60. Geburtstag des Vaters.

Gerhard Schaubach bereitet unterdessen am Piano ein virtuoses »musikalisches Butterbrot«. Der Liedkomponist Mozart kam beim Matinee-Konzert der Bürgerstiftung ebenfalls nicht zu kurz: »Stanzerl, Deine Rosenwangen/Einzig Du bist mein Verlangen«. Dieses heitere Lied widmet Mozart seiner frisch angetrauten Constanze. Gleich danach hören wir die Arie »Bei Männervolk, bei Soldaten« aus »Cosi fan tutte«. Beate Doliwa meistert die schwierigen Koloraturpartien mühelos und zeigt sich auch den hohen Lagen gewachsen.

Bevor Gerhard Schaubach zum Abschluss des ersten Teils die von Melancholie überschattete eindrucksvolle Fantasie in d-Moll erklingen lässt, vermitteln zwei Briefzitate eine Ahnung vom anstrengenden Hin- und Herreisen zwischen Salzburg, München, Wien, Paris - immer auf der Suche nach einer festen Anstellung, vom strengen Vater angetrieben. Herzlicher Applaus entlässt die  Künstler in die wohlverdiente Pause. Danach geht�s überwiegend heiter weiter. »Männer suchen stets zu naschen/denn das Naschen schmeckt so gut« und »Sperrt die »Zuckerplätzchen ein!« heißt es im Lied »Die Warnung«. Dann folgt das Geburtstagslied für den Erbprinzen Friedrich von Anhalt-Dessau. Mozart schreibt es im November 1787, als er sich zur  Uraufführung seines »Don Giovanni« in Prag aufhält. Es wird sein größter Triumph. Der Schriftsteller Eduard Mörike widmete Mozart zu dessen 100. Geburtstag 1856 seine berühmt gewordene Novelle »Mozart auf der Reise nach Prag«, die in klassischer  Sonatenform aufgebaut ist.

Monica Keichel las Auszüge daraus - ein guter Einfall. Dann die wunderbare Arie der Magd Zerlina aus dem »Don Giovanni«: »Batti, batti o bel� Massetto«, mit der sie die Eifersucht ihres Verlobten besänftigen will. Hier und bei der darauffolgenden Arie des Cherubino »Sagt, holde Frauen« aus dem »Figaro« konnte Beate Doliwa noch einmal die ganze Palette ihres Könnens unter Beweis stellen, was mit viel Zwischenbeifall belohnt wurde.

Bekanntlich war Mozarts Lebensspanne kurz bemessen - er starb mit 35 Jahren. Monica Keichel ließ am Ende eines hörenswerten Konzertes (bei dem übrigens alle drei Ensemblemitglieder in historischer Gewandung auftraten) den in Mozarts Todesjahr 1791 geborenen österreichischen Schriftsteller Franz Grillparzer mit einem rühmenden Gedicht auf den Frühvollendeten zu Wort kommen.

Und was sagte der Mozartforscher Josef Grips? »Der Beethoven rührt vielleicht mit seinen besten Werken an den Himmel. Aber der Mozart, der kommt von dort.« Nach herzlichem Beifall des Publikums dankte Stiftungspräsident Armin Häfner dem »Vox Humana«-Ensemble für die gelungene Mozart-Matinee. Und mit einem kleinen Menuett wurden die Zuhörer in einen sonnigen Novembermittag entlassen.


Bildunterschrift   ( Foto: gk )
Beate Doliwa, Gerhard Schaubach und Monika Keichel (von links nach rechts)

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